Eine Hemianopsie ist ein halbseitiger Gesichtsfeldausfall als Folge einer Hirnschädigung. Je nach Lokalisation der Schädigung können verschiedene Anteile des Gesichtsfelds betroffen sein (Mattern, 2017). Ein Gesichtsfelddefekt kann die visuellen, kognitiven und motorischen Leistungen der Betroffenen beeinträchtigen.
Für die Behandlung einer Hemianopsie gibt es zwei Behandlungsansätze die im Folgenden genauer erläutert werden. Dies sind zum einen das Restitutionstraining und zum anderen das Kompensationstraining (Dundon et al., 2015).
Ein vermuteter Gesichtsfeldausfall lässt sich mit einem sogenannten Konfrontationstest grob abschätzen. Erste Hinweise ergeben sich häufig aus berichteten Problemen sowie einer genauen Verhaltensbeobachtung des Betroffenen (Neuropsychologischer Ratgeber RUB). Zum Beispiel übersehen die Patienten/Patientinnen oft Objekte oder sie stoßen an Gegenstände an (Trauzettel-Klosinski, 2017).
Das Ziel des Kompensationstrainings ist es, die noch erhaltenen Funktionen des Gesichtsfelds zu nutzen. Hier sollen bewusste Augenbewegungen eingeübt werden, um den visuellen Verlust auszugleichen und die Orientierung im Raum, auf einem PC oder beim Lesen zu ermöglichen (Reckert, 2014).
Das Restitutionstraining hat die teilweise Wiederherstellung der Sehfähigkeit in der betroffenen Region durch lokalisationsspezifische Übungen an der Gesichtsfeldgrenze unter konstanten Fixationsanforderungen (Gall und Kasten, 2007) zum Ziel.
Laut einer theoretischen Grundannahme bleibt die Fähigkeit zur Adaption (Plastizität) nach einer Schädigung des Gehirns weitgehend erhalten (Mattern, 2017).
Inaktive Neurone innerhalb von geschädigten Zellgebieten und benachbarte Nervenzellen sollen reaktiviert bzw. stimuliert werden (Roth et al., 2009).
Es gibt zwei Möglichkeiten für restorative Trainingsmethoden:
Training mit Therapeutinnen und Therapeuten (Neuropsychologe/Neuropsychologin, Ergotherapeut/Ergotherapeutin)
Computergestütztes Programm unter Anleitung einesTherapeuten/einer Therapeutin. Hier erfolgt eine Stimulation über Licht-, Farb- oder Formreize, auf die mit Drücken einer Taste reagiert werden soll (Reinhard et al., 2004). Der Patient/die Patientin blickt währenddessen auf einen Fixationspunkt auf dem Bildschirm.
Eigenübung
Als Eigenübung neben den computergestützten Programmen haben wir die Möglichkeit entwickelt, mit dem Fernseher im Patienten/Patientinnen-Zimmer selbstständig zu üben.
Dabei muss der Patient/die Patientin mit den Augen einen Punkt an der Zimmerwand neben dem Fernseher fixieren. Der Fernseher sollte sich dann genau an der visuellen Wahrnehmungsgrenze im Randgebiet der Hemianopsie befinden, sodass der Patient/die Patientin die Aufgabe erhalten kann, die Personen oder Ereignisse auf dem Fernsehbild zu erraten, ohne den Blick auf den Fernseher zu richten.
Voraussetzung für diese Übung ist, dass der Fernseher stumm geschaltet wird. Eine Fernbedienung ist sinnvoll, um nach der korrekten Deutung des Fernsehbildes die Sendung zu wechseln.
Blickt der Patient/die Patientin vorzeitig auf den Fernseher, so wechselt er/sie ebenfalls das Programm und wiederholt die Aufgabe.
Gelingt es nicht, die Aufgabe in der vorgegebenen Entfernung des Fixationspunktes zu meistern, kann die Übung erleichtert werden, indem der Fixationspunkt näher an den Fernseher verschoben wird.
Bewältigt der Patient/die Patientin die Aufgabe, so kann das Training erschwert werden, indem der Fixationspunkt vom Fernseher weiter entfernt wird.
Verfasser: Prof. Dr. Wolfgang Rössy und Yaren Acar
Literatur
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